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Rückblick zum 15. Int. NPO-Colloquium 2024 in Frankfurt am Main

Veranstalter:

Das 15. Internationale NPO-Colloquium fand am 4. und 5. April 2024 in Frankfurt am Main statt und wurde veranstaltet vom Institut für Zukunftsfragen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft (IZGS) der Evangelischen Hochschule Darmstadt (EHD), dem Verbandsmanagement Institut (VMI) der Universität Fribourg, den Instituten für Public und Nonprofit Management (PNP) und für Management Accounting (IMA) der Johannes Kepler Universität Linz (JKU).

IZGS
VMI
PNP

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15. Internationales NPO-Colloquium

NPO im Wandel – Gestaltungsmöglichkeiten in Zeiten des Umbruchs

04. - 05.04.2024 | Frankfurt am Main, Deutschland

Zum 15. Mal trafen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im Rahmen dieses Tagungsformates, um Forschungsprojekte und -ergebnisse miteinander ebenso zu besprechen wie politische und gesellschaftliche Entwicklungen. Entwicklungen denen Zivilgesellschaft und ihre zahllosen Organisationen mittelbar und unmittelbar ausgesetzt sind, die sie aber zugleich auch in erheblichem Maße mitgestalten (können).

Staatsministerin Diana Stolz begrüßt aus der Hessischen Staatskanzlei die Teilnehmenden des 15. Internationalen NPO-Colloquiums 2024 und übermittelt an die Forscherinnen und Forscher sowie an die Vertreter aus der Praxis herzliche Grüße von Ministerpräsident Boris Rhein. 

Immer war das zweijährig stattfindende Colloquium ein Treffen, das weit über disziplinäre Grenzen hinaus Raum für Gedankenaustausch und Netzwerkpflege in einer kritischen und doch zugleich wertschätzenden und fördernden Umgebung bot. Eine Tradition, die auch dieses Mal fortgesetzt wurde, denn vor genau 30 Jahren wurde das erste Colloquium im schweizerischen Fribourg durchgeführt. Damals mit dem noch als Frage formulierten und etwas zögerlich wirkenden Titel: „Nonprofit-Organisationen – Dritte Kraft zwischen Markt und Staat?“ Den Veranstaltern war es daher eine besondere Freude im Rahmen dieses Jubiläums neben zahlreichen Kolleginnen und Kollegen, die das Colloquium seit vielen Jahren begleiten, hier auch einen der Mitbegründer dieses traditionsreichen Konferenzformates begrüßen zu dürfen: Prof. Dr. Reinbert Schauer (Institut für Public und Nonprofit Management der Johannes Kepler Universität Linz).

Um gerade diese Tradition fortzuführen ist Veränderung jedoch konstitutiv und so gab es in diesem Jahr einige Neuerungen. Erstmalig wurde das Colloquium durch eine Hochschule für Angewandte Wissenschaften ausgerichtet. Dies reflektiert zum einen die sich verändernde Rolle dieses Hochschultyps. FHen und dann später HAWen wurden überwiegend ab den 1970er Jahren als anwendungsorientierte Lehreinrichtungen konzipiert, in denen Forschung bestenfalls randständige Bedeutung hatte. Mit dem Entstehen eigener Studienangebote, die teilweise keine Entsprechungen und damit Theorieangebote von Universitäten hatten, durch die Berufung jüngerer wissenschaftsaffiner Professoren sowie die geänderte Erwartung der Politik mit Blick auf die FH als regionale Wachstumsmotoren, spielen Forschung und Transfer im Allgemeinen wie auch in Bezug auf zivilgesellschaftliche Forschung und Lehre im Besonderen eine zunehmend bedeutendere Rolle. So nehmen seit Jahren nicht nur die einschlägigen Publikationen an diesen Hochschultypen zu, sondern auch die entsprechenden Lehrangebote.

Die im diesjährigen Colloquium vorgestellte Studie der Kollegen Andreas Markert und Susanne Kirchhoff-Kestel zeigte beispielsweise, dass das Angebot von Sozial-, Nonprofit- oder Public-Management Studiengängen rein zahlenmäßig zusehends durch HAWen bestimmt wird. Das hat Folgen. 

Es reflektiert zum anderen auch ein verändertes Verhältnis zwischen Wissenschaft und zivilgesellschaftlichen Praxis. Die Übergänge zwischen beiden Systemen sind, so unsere Wahrnehmung zumindest, fluider geworden. Zunehmend finden wir wissenschaftlich hoch qualifizierte Menschen in Vereinen, Verbänden und Stiftungen aber auch praxiserprobte Profis in der Wissenschaft. Was beide eint, ist das Interesse an Forschung und sei dies aus der Perspektive der Schließung theoretischer Lücken oder eben der Lösung praktischer Probleme. Es war somit auch Ziel der diesjährigen Veranstaltung, die Beziehungen zur forschenden und an Forschung interessierter Praxis ergebnisoffen neu zu beleben. 

Erstmalig tagte das Colloquium nicht in den Räumen der ausrichtenden Hochschule, sondern in der Evangelischen Akademie Frankfurt. Die herausragende und zugleich symbolische Lage in unmittelbarer Nähe zum Kaiserdom, Marktplatz und Römer (wie das Frankfurter Rathaus genannt wird) lud zu Gedanken über die Bestimmung des Verhältnisses von Staat, Markt, Zivilgesellschaft und auch Kirche ein.  Im Schatten der Paulskirche, in der 1848/49 mit der Nationalversammlung die erste gewählte Volksvertretung für ganz Deutschland tagte und die so zu einem der zentralen Symbole für den Kampf um Demokratie und sogar die Demokratie selbst wurde, hat vielleicht nicht nur historischen Wert, sondern kann und sollte auch als Maßstab und Ansporn dienen.

Denn angesichts der längst begonnenen technischen, politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen mit all ihren Gleich- und Ungleichzeitigkeiten nimmt die Komplexität des Lebens zu, wird unübersichtlich und erzeugt Angst. Da werden die Rufe nach starken Händen einerseits und einem alles regulierenden Staat andererseits schnell laut. Für Zivilgesellschaft bleibt jedoch die freiheitlich- demokratische Grundordnung der wesentliche Orientierungsrahmen, die Legitimationsbasis und letztlich sogar der Überlebensgarant. Dass dies auch hierzulande nicht mehr selbstverständlich ist, zeigt beispielsweise der von Brot für die Welt herausgegebene Atlas der Zivilgesellschaft, der die deutsche Zivilgesellschaft 2023 erstmalig von der Kategorie „offen“ auf die Kategorie „beeinträchtigt“ herabstufte. 

Entsprechend wurde sich im Rahmen dieser Tagung auf die Suche nach den Gestaltungsmustern und -möglichkeiten von NPO unter solchen dynamischen und widersprüchlichen Umweltbedingungen gemacht, um dabei nicht die Legitimationsgrundlagen und Begründungszusammenhänge zivilgesellschaftlicher Organisationen aus dem Blick zu verlieren. Die 47 Beiträge in den 16 Sessions sowie der angeregte Austausch mit den 110 Teilnehmenden, viele davon Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, zeigte, dass die Nonprofit-Forschung in der Community weiterhin sehr lebendig ist.

 

Wir freuen uns auf den weiteren Austausch und sehen uns zum 16. Internationalen NPO-Colloquium in Fribourg!

 

In Namen aller Mitveranstalter 

Prof. Dr. Michael Vilain und IZGS-Team